Vielleicht sollten wir Homosexualität eher an den Wünschen fest machen, als an der gelebten Sexualität? (Ili)

In einem Forum für trans Männer wurden zwei interessante Beiträg über Girlfags gepostet, die ich euch nicht verschweigen möchte, da sie (wie ich finde) interessante Ideen enthalten. Die betreffenden Autoren haben mir die Erlaubnis gegeben die Beiträge hier anonym zu veröffentlichen:

Ich habe ja die Theorie, dass man unter dem Genderradar durchrutschen kann. Das heißt, dass man zwar ‘ne Schwuppe ist (und vielleicht auch trans Mann), dass einen aber das eigene Geschlecht aus Sozialisationsgründen so wenig interessiert, dass einen das nicht stört. Nur in der schwulen Anziehung spürt man dann, dass man schwul ist. Dabei kommt raus: ‘ne schwule Frau. Es gibt auch lesbische Männer “Guydykes” – die wollen lesbische Beziehungen, keine Heterobeziehungen mit Frauen. Ich verstehe das.
Ähnliche Verwirrungen haben ja trans Männer, die sich stark mit der Lesbenszene identifizieren und selbst nach der Transition ihre Beziehungen niemals als “hetero” labeln würden.
Es hängt an diesen Begriffen für das Begehren so viel Bedeutung mit dran – es ist eben weitaus mehr als nur die Aussage, ob Mann/Frau/anderes auf Männer/Frauen/anderes steht.

anonym

Ich finde dieser Thread zeigt ganz schön, wie wahnwitzig diese ganzen Kategorien eigentlich sind und vorallem, wie wenig sie mit der Realität zu tun haben. Ich schreib einfach mal wirr alle Stichpunkte auf, die mir zu dem Thema eingefallen sind:

– Girlfags wird das Schwulsein abgesprochen, weil die Herleitung “Mann+Mann = schwul” nicht gegeben ist.
– Andererseits habe ich noch nie davongehört, dass trans Menschen (die “dazwischen” sind) das Schwulsein abgesprochen wird, obwohl bei ihnen diese Herleitung auch nicht gegeben ist. Bzw. würde man einem transitionierten trans Mann sein Schwulsein nicht absprechen, einem untransitionierten aber schon?

– Annahme: Schwule schlafen nicht mit Frauen. Die meisten Schwulen, die ich kenne haben es früher oder später schon einmal getan oder mehrmals. Und fanden es auch gar nicht so schlecht oder gar gut. Warum bezeichnen sie sich nicht als bi? Vermutlich, weil Schwulsein noch mehr beinhaltet als eine ausgelebete, schwule Sexualität, was?

– Kann man nicht auch schwul sein, ohne jemals homosexuellen Kontakt gehabt zu haben? Oder setzt Schwulsein homosexuellen Verkehr voraus? Oder reicht es schon homosexuelle Fantasien zu haben?
Ist ein hetero-verheirateter Mann, der ausschließlich homosexuelle Fantasien und Wünsche hat, homosexuell (wegen seiner Fantasien) oder heterosexuell (wegen seines Lebens als Ehemann)?
Wenn wir ihn (was die meisten wohl tun würden) als homosexuell bezeichnen würden, woran machen wir seine Homosexualität dann fest? Ausschließlich an seinen homosexuellen, nicht realisierten Fantasien?

– Wenn man trans Menschen das Schwulsein nicht abspricht und Homosexualität eher an den Wünschen und Fantasien fest macht als an der gelebten Sexualität, warum sollte man Girlfags dann das Schwulsein absprechen?

anonym