Meine Geschichte als Girlfag ist relativ verworren… Begonnen hat es wohl damit, dass ich mich für Mangas interessiert habe und es gibt da auch eine Sparte für schwule Kitsch- bis Erotikmangas. Da war ich ca. 14.
Nachdem ich den ersten gelesen habe, wollte ich mehr davon, begann mich in dieser zuckrigen Welt zu verlieren, in der es normal war, dass Männer Männer lieben. Für mich war das so eine kleine heile Welt, in der Gefühle noch sein durften, was sie sind und keine peinlichen, unangnehmen und lästigen Dinge waren, die einem alles nur schwer machen. Ich hab mich immer von Jungs in meinem Alter nie beachtet gefühlt und wurde immer abgelehnt aufgrund meines Aussehens und habe mich dann noch mehr in diese Welt geflüchtet (zugleich auch noch musikalisch/szenetechnisch in eine eigene Welt, das ging Hand in Hand).
Ich habe es einfach lange nur für eine Neigung, etwas unreales, aber schönes gehalten, habe mich aber irgendwie nie damit begnügen können, weil ich immer das Gefühl hatte, dass ich ein schwuler Mann sein wollte und AUCH einem Mann meine Liebe so aufrichtig und ehrlich zeigen wollte wie in diesen Darstellungen. Als Frau hielt ich das nie für möglich.
Mit 16-17 hatte ich dann meinen ersten Freund, der allerdings nie mit mir schlafen wollte. Er war asexuell und es war eine schöne, sexlose und angenehme Beziehung, die aber leider auseinander ging. Wir sind heute noch gute Freunde.
Kurz darauf hatte ich eine beste Freundin, die auch (aus heutiger Sicht) eine Girlfag-Neigung hatte, inzufern war es für uns der größte Spaß schwule Geschichte zu spinnen, wir haben ganze Tage damit verbracht reale Leute, die wir optisch gut fanden und in der Schule öfter sahen, als schwule Charaktere in unsere kleine fiktive Geschichte einzbauen. Ich hab Geschichten geschrieben, die Charaktere gezeichnet und wir hatte einfach total viel Spaß daran, obwohl wir die Leute damals gar nicht kannten. Uns diente nur ihre Optik dazu weiterzuspinnen. War schon lustig und ich merkte wiederum, wie meine Fantasie das Gebilde „Männerliebe“ zum einzig wahren romantischen Verhalten krönte.
Tja, und wie es der Teufel will, ich verliebte mich mit 17 in einen dieser „Darsteller“ und in der Tat, als wir eines Tages nach der Schule ein paar Bier getrunken hatten, erhörte er mich und wir küssten uns. Tja, ich war sowas von happy und es war mir fast peinlich, solche Geschichten über ihn gesponnen zu haben.
Unsere „Beziehung“ war ein ständiges Schlussmachen und Wiedervereinen, ich habe gelitten wie ein Hund unter ihm. Er hat mir mehrfach das Herz gebrochen und dann war es eine Weile aus zwischen uns.
Dann kam dieser Abend, an dem ein gemeinsamer Freund von uns bei mir war, weil wir nacher noch weggehen wollten, ganz schick zu einer Abendveranstaltung in Kleid und Anzug. Wir tranken vorher ein bisschen und er sprach plötzlich das Thema an: er sei bisexuell. Erstmal staunte ich nicht schlecht, als er mir seine sexuellen Erlebnisse vom anderen Ufer offenbarte, vor allem mit Leuten, von denen ich das NIE geglaubt hätte.
Und plötzlich wurde es real. Die bisexuellen Männer gab es wirklich, es gab sie in meiner Nähe!
Als wir an dem Abend noch ein wenig betrunkener waren, küssten wir uns und versprachen uns die Nacht zusammen zu verbringen. Ich wollte diesen bisexuellen Kerl auf jeden Fall! Ich war Feuer und Flamme dafür, bis mein Ex auftauchte. In dem Moment verging mir natürlich sofort die Lust drauf etwas derartiges zu machen und ich blickte reumütig zwischen den beiden hin und her.
Wie es der Zufall wollte, plauderten die beiden dann tatsächlich spaßhalber über dieses Thema und dann kam es zu, nun sagen wir, einer Wette. Uff, ich kann die Nacht zwar ausführen, aber das hat meine Sicht sowas von gewandelt, dass ich heute noch mit einem Grinsen daran denke.
Seitdem hatte ich nur eine weitere Heterobeziehung, die ich allerdings furchtbar fand. Meiner Meinung nach kann nur jemand, der meine Neigung toleriert oder bisexuell ist mein Partner sein. Oder meinem ganz bestimmten Muster entspricht, das meine schwule Seite weckt, allerdings bin ich bis heute nicht sicher, ob ich diese dann auch ausleben könnte.
Fakt ist, ich habe für „nur hetero“ Machomänner nicht wirklich was übrig, aber so ganz sicher bin ich mir nicht, was nun wirklich das „Non-plus Ultra“ wäre für mich. Aber das möchte ich gar nicht wissen. Meine Freunde (fast alle männlich) sind zwar alle hetero, aber sehr offen untereinander und nicht abgeneigt sich auch mal zu umarmen oder spaßhalber zu bekuscheln, sehr zu meiner Freude.
Wobei die meisten auch wissen, dass ich auf Männer, die Männer „liebhaben“ stehe, besonders wenn es in zärtlich/romantischer/vorichtiger Hinsicht ist. Ist aber kein großes Thema bei uns – sie finden ja auch Lesben ansehnlich.